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Völker, die in öden, gebirgigen Gegenden leben, haben einen Hang zu kräftigen Farben - in ihrer Kleidung ebenso wie bei der Gestaltung ihres häuslichen Umfeldes. Weder die Tibeter noch die Indianer in Peru noch meine eigenen Landsleute in den bayerischen Alpen machen da eine Ausnahme.
In diesem Artikel geht es um die Verwendung von Pflanzenfarben und von synthetischen Farben in tibetischen Teppichen, ihre Eigenschaften und ihre Unterschiede.
Tibet Teppiche - ein Produkt in einem sich schnell wandelnden Markt
Die Herstellung eines Tibet Teppichs war extrem schnellen Veränderungen in Mustern, Farben und Größen unterworfen seit die ersten tibetischen Flüchtlinge in den frühen sechziger Jahren damit begannen sich damit einen Lebensunterhalt aufzubauen. Der Teppichmarkt von heute ist ein wenig wie der Kunstmarkt, ständig Trends und kurzfristigen Moden unterworfen. Für den Tibet Teppich war es eine Entwicklung von einem traditionellen Handwerk innerhalb einer isolierten vorwiegend nomadenhaften Gesellschaft, hin zu einem Produkt das sich um die Gunst europäischer und amerikanischer Verbraucher bemüht.
Pflanzenfarbene Tibet Teppiche in den achtziger Jahren
In den frühen achtziger Jahren begann ein kurzlebiger, modischer Trend zu pflenzengefärbten Tibet Teppichen. Die Bilder, die sie auf dieser Seite sehen stammen alle aus dieser Zeit. Auch die Muster - am besten als halb-traditionell gekennzeichnet - spiegeln den Markt der frühen achtziger Jahre wider. Der Trend zur Vereinfachung der Muster ist offensichtlich. Vor allem die Beschränkung der Design Elemente auf die Randbordüre. Der Boom der pflanzenfarbenen Tibeter war ein kurzer. Während der zweiten Hälfte der achtziger Jahre war er bereits im Auslaufen.
Galerie pflanzenfarbener Tibet Teppiche
Diese Bilder werden ihnen ein Gefühl geben wie pflanzenfarbene Tibet Teppiche wirklich aussehen und wie ihr Farbspektrum begrenzt ist.
Chemische Farben und Tibet Teppiche
Bis ins späte 19. Jahrhundert hatten die tibetischen Teppich Hersteller nur Pflanzenfarben mit begrenztem Farbspektrum zu ihrer Verfügung. Kein Wunder, dass sie die neuen, synthetischen Farben aus Indien willkommen hießen. Bis dahin waren die einzigen verfügbaren Stoffe zum Färben von Wolle Mineralien und vor allem Pflanzen aus der Natur.
Die Kunst des Färbens war ein sehr anspruchsvoller Beruf über tausende von Jahren. In vielen Zivilisationen organisierten sich die Färber in Gilden und achteten mit Argwohn darauf ihre Kenntnisse nach außen hin abzuschirmen.
Die Erfindung von William Henry Perkin
Im Jahr 1856 entdeckte William Henry Perkin den ersten synthetischen Farbstoff als er eigentlich nach einem Mittel gegen die Malaria forschte. Die neuen synthetischen Farben ersetzten rasch die alten Pflanzenfarben. Sie waren billiger zu produzieren, sie boten ein größeres Farbspektrum und sie waren lichtbeständig sofern sie richtig produziert wurden.
Es dauerte von da ab noch bis ins späte 19. Jahrhundert bis die erste chemisch gefärbte Wolle von Indien aus in dem isolierten tibetischen Land ankam. Die tibetischen Knüpfer machten sich die neuen Möglichkeiten, die ihnen die synthetischen Farben gaben rasch zu eigen. Nach circa 1900 waren die meisten der kommerziell hergestellten Teppiche in Tibet aus chemisch gefärbter Wolle.
Was sind Pflanzenfarben?
Pflanzenfarben werden aus aus Pflanzen und aus Mineralien gewonnen. Bis zur Erfindung der chemischen Farben und deren Produktion in großem, industriellem Ausmaß konnten Textilien nur mit dem gefärbt werden, was die Natur zur Verfügung stellte.
Was sind Naturfarben?
Häufig werden Naturfarben und Pflanzenfarben sprachlich vermischt. Der Ausdruck Naturfarben wird für reine, ungefärbte Wolle, so wie sie ist, verwendet. Die möglichen Farbschattierungen bestehen vor allem aus einem leicht gelblichem Weiß, das für die meisten der hier abgebildeten Teppiche benutzt wurde. Andere Farben sind schwarz und ein dunkles Braun, beide eher selten, da die meisten Schafe weiß sind.
Und dann gibt es noch eine Art von "schmutzigem" Grau. Meiner Meinung nach schaut es nicht sehr schön aus und ist schwierig mit anderen Farben zu kombinieren. Deswegen wurde es häufig zur Randbegrenzung benutzt. Ich erinnere mich auch noch daran, dass zu den Boom Zeiten der Pflanzenfarben in den frühen achtziger Jahren die Woll-Lieferanten von ihren Abnehmern verlangten zusammen mit der weißen Wolle auch einen bestimmten Anteil an weniger gefragten Wollfarben (grau, schwarz) abzunehmen.
Was ist besser? Pflanzenfarben oder chemische Färbung?
Westliche Buchschreiber und selbst ernannte "Experten" erzählen einem immer wieder, dass alles was heute hergestellt wird, qualitativ bei weitem nicht an das heran kommt was vor 50 oder 100 Jahren gemacht wurde. Und mit jeder Veröffentlichung wiederholen diese Burschen dieses Mantra ständig aufs neue. Und nicht nur für tibetische Teppiche, sondern für alle Arten von Kunst und Kunsthandwerk.
Für die meisten Objekte der Kunst und des Kunsthandwerks aus dem Himalaja ist diese "Formel" meiner Meinung nach ebenso arrogant wie ignorant. Ich kann dieses idiotische Mantra nicht mehr lsen und hören! Ganz gleich ob Teppiche, Thangkas, Nepal Statuen oder tibetischer oder nepalischer Schmuck, die Kunsthandwerker sind auch heute noch in der Lage hervorragende Qualität zu produzieren. Dies ist nicht das Problem.
Wenn Antiquitäten wenig Sinn machen
Das Problem liegt in zu geringer Nachfrage nach neu hergestellter Ware in Spitzenqualität. Westliche Käufer mit Brieftaschen, deren Größe in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Hirnmasse stehen, sind bereit, auf Auktionen in London, New York, Paris oder Singapur locker 20.000 Dollar oder Euro für eine Tibet Figur, im Katalog datiert auf 15. Jahrhundert, auszugeben. Aber es gibt leider nur wenige Menschen, die bereit sind, 500 Euro für eine exzellente, aber neu hergestellte Tibet Statue auszugeben, gefertigt in gleicher oder vielleicht sogar noch besseren Weise, von Hand, wie die, die mit 15. Jahrhundert datiert ist.
Um dieses traurige Kapitel menschlichen Narrentums abzuschließen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass das "alte" Stück aus der Auktion mit gewisser Wahrscheinlichkeit eine geschickt gemachte Fälschung aus jüngster Zeit ist.
Pflenzenfarben oder Synthetische Farben?
Aber zurück zu meiner provokativen Frage. Sind Pflanzenfarben besser als chemische Farben? Ich denke, dass die Frage dumm ist (Darf ich behaupten, schließlich habe ich sie selber gestellt.). Warum dumm? Weil es sich hier um zwei verschiedene Produkte mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften handelt. Lassen Sie mich die Unterschiede heraus arbeiten.
Pflanzenfarben verlieren ihre Frische
Ich habe seit circa 30 Jahren einige pflanzenfarbene Tibet Teppiche in meinem eigenen Heim. Über die Jahre sind die Farben ein wenig verblasst. Die Teppiche sehen jetzt ein wenig matt aus. Sammler japanischer Holzschnitte kennen diesen Effekt der ausbleichenden Farben für Drucke aus der Zeit vor circa 1860. Viele Sammler verstauen deshalb ihre wertvollen Stücke in Sammlermappen oder wenigstens in der Schublade um die Einwirkung des Lichts zu vermeiden. Für tibetische Teppiche ist diese Vorgehensweise natürlich wenig praktikabel.
Der individuelle Geschmack zählt.
Wenn Sie Ton in Ton Farbkombinationen lieben, dann sind pflanzenfarbene Teppiche eine gute Option. Auch bei modernen Mustern mit großen, ungemusterten Flächen, kann der ungleiche Charakter der pflanzengefärbten Wolle so einem Teppich ein interessantes Aussehen geben. Aber es muss Ihnen halt gefallen.
Ich persönlich mag kräftige Farben. Meine Option sind synthetisch gefärbte Tibet Teppiche. Sofern sie nicht gerade von minderer Qualität sind, werden sie die ursprünglichen Farbtöne halten und die Farben werden auch nicht beim Waschen mit Wasser auslaufen.
Dieter Wanczura, Oktober 2010.